Montag, 27. Juni 2011

Liquid Feedback enttrohnt?

Sebastian Jabbusch hat eine große Umfrage unter den Piraten zur innerparteilichen Demokratie durchgeführt. Ein Schwerpunkt dabei war auch das Werkzeug "Liquid Feedback", eine Software, die auf der Idee von Liquid Democracy aufbaut.

Zunächst möchte ich Sebastian meinen Dank für die Abrbeit und das zur Verfügung stellen der Daten aussprechen.

Hier möchte ich einige Ergebnisse des Teil 4 der Umfrage diskutieren.



Teil 4 Kapitel 7.1:
Wie oft loggst Du Dich durchschnittlich in Liquid Feedback ein?

Diese Frage ist nur Liquid-Feedback-Nutzern gestellt worden. Das schließe ich daraus, dass es "nur" 943 Antworten gibt.

Das bedeutet, es fehlt ein Anteil von etwa zwei Drittel der Teilnehmer, die Liquid Feedback "nie" nutzen.

Diese Fragestellung ist auch auf die Frage 7.2, zu übertragen.




Teil 4 Kapitel 7.4
Liquid Feedback müsste von den Piraten stärker genutzt werden


Die Forderung wird von 65,8%, also rund zwei Drittel der Piraten, die diese Frage beantwortet haben, abgelehnt.

Ich interpretiere das so, dass die große Mehrheit der Piraten zufrieden wäre, wenn Liquid Feedback weniger genutzt werden würde oder mindestens keine Intensivierung der Nutzung fordert.



 

Teil 4 Kapitel 7.5
"Liquid Feedback müsste von den Piraten weniger genutzt werden"


Diese Frage setze ich hier nicht mit meiner obigen Interpretation zu 7.4 als antipol gegenüber, denn hier würde man bei Zustimmung ein Verbot, bzw. eine gezielte Einschränkung der Nutzung des Tools implizieren. Die freiheitsliebenden Piraten stehen derartigen Regelungen aber nach meiner Erfahrung in der Regel sehr abgeneigt gegenüber. 

Das spiegelt sich auch sehr in 7.2, "Meiner Meinung nach sollte Liquid Feedback _sofort_ abgeschaltet werden", wieder. Tenor: "Auch wenn ich es selber nicht mag, will ich es denen, dies mögen nicht weg nehmen".

Ich führe die geringe Zustimmung zu 7.5 daher auf die Wertevorstellung der Piraten zurück.

Selbst wenn ich hier irre, bedeutet das Ergebnis maximal: Status Quo halten.



Teil 4 Kapitel 7.6
Es sollten Alternativen zu Liquid Feedback getestet werden


Mit der Ablehnung dieser Aussage, ziehe ich dann den Schluss, dass die große Mehrheit von deutlich über zwei Dritteln der Piraten auch kein anderes, vergleichbares Tool erprobt haben möchte.



Teil 4 Kapitel8.4
Dass für eine zufriedenstellende Teilhabe in der Partei LQFB o.ä. nicht notwendig ist, zeigt das Kapitel 8.4:

Berlin nutzt LQFB intensiv, Niedersachsen quasi überhaupt nicht (auch keine Alternative).
Dennoch sind in beiden Landesverbänden die Mitglieder fast gleich zufrieden mit ihren Möglichkeiten der Einflussnahme auf Landesebene. Allerdings sind die Niedersachsen deutlich zufriedener mit dem Kommunikationsklima (Teil 4 Kapitel 8.2).

Daraus schließe ich, dass die Zufriedenheit mit der Möglichkeit zur Einflussnahme auch ohne Liquid Feedback sichergestellt werden kann.



Ich ziehe folgendes Fazit

Wer LQFB nutzen möchte, möchte das gerne tun, die Mehrheit der an der Umfrage teilnehmenden Piraten möchte aber damit und mit Alternativen in Ruhe gelassen werden. Die Tool-Frage stellt sich hier nicht.

Die Benutzung von Liquid Feedback ist für die Mehrheit der Piraten uninteressant. Etwa zwei Drittel wollen nicht, dass LQFB noch stärker genutzt wird, etwa zwei Drittel benutzen es garnicht.

Liquid Feedback ist damit als "der einzige Weg" um Programmarbeit zu machen nicht zu halten. Ein Oktroyieren des Tools über die Piraten, gar als Organ, ist derzeit nicht vorstellbar und zu unterlassen.


Als weitere Konsequenz würde ich ableiten, dass wir auch sehen sollten, dass die Aufwendungen und Kosten für die Bereitstellung des Werkzeugs dem Rahmen anderer Werkzeuge (Wiki, Piratenpad, ...) angepasst wird.

1 Kommentar:

  1. Moin!

    Bei Deiner Interpretation der Auswertung bist Du recht einseitig und Deine Interpretation find ich persönlich etwas schräg.

    Ich teile mit Dir die Kritik an LF, aber ich denke, dass man sie nicht an diesen Zahlen festmachen kann, da gibt es andere Kennzahlen, die eindeutiger sind, z.B. http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:SD/Delegationen_in_LQFB/Generelle_Aktivit%C3%A4t#Zeitverlauf_der_Aktivit.C3.A4t

    Bei den letzten Initiativen wurden etwa 300 Stimmen vergeben, was etwa 8% aller an LF angemeldeten Nutzern entspricht, oder 2,5% aller Piraten. Wenn die automatische Deaktivierung von Delegationen kommen wird, erwarte ich ein weiteres (dramatisches) Absinken der Zahlen.

    Diese Ansicht wird durch die Zahl aus http://www.sebastianjabbusch.de/wp-content/uploads/2011/04/Piraten_Umfrage_Liquid%20Feedback.pdf untermauert. Dort wird gefragt: "Ich habe meine Stimme delegiert, nutze LQFB daher bewusst selten". Dieser Aussage stimmen nur etwa 10% teilweise oder voll zu. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass viele derer, die Delegationen vergeben haben, aber nun inaktiv sind, nicht wegen der Delegationen, sondern ggf. aus Desinteresse inaktiv sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Delegationen nicht erneuern würden, wenn sie verfallen.

    Würden aber 90% aller Delegationen verfallen, kämen wir auf etwa 3% aktive LF-Nutzer, bezogen auf alle angemeldeten LF-Nutzer, sowie 0,9% aller Piraten.

    Diese Zahl ist leidlich dramatisch, die Suche nach der Ursache wird eine schwierige Aufgabe werden.

    Michael

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